Zen - oder die Kunst einen kleinen weißen Ball zu schlagen
Photo & Text Joe Haider
Es gibt nichts schöneres als die Arbeitswoche am Golfplatz zu beginnen. Eine frische Brise lässt die Baumkronen wiegen und den Morgentau auf dem saftigem Grün verdunsten. Der Platz liegt noch eher verlassen vor mir und mein Blick gleitet über eine weite Landschaft mit Hügeln, kleinen Tälern und in der Ferne glitzert der Teich über den ich bald meine Bälle jagen werde. Ich mache einige Übungsschwünge, wobei mir die Pusteblumen als Ballersatz dienen. Dabei stelle ich mir vor, statt dem Driver das Lichtschwert aus „Krieg der Sterne“ in Händen zu haben. Ich warte und warte, daß die Ruhe, in der die Kraft angeblich liegen soll, in mich einströmen möge. Nur - sie tut´s nicht. Also wie ging das noch mal?
Um mich noch unsicherer zu machen schwirrt mir der Kopf vor lauter guten Tipps die ich im Laufe meines kurzen Golferlebens gierig aufgesaugt aber nicht wirklich verstanden habe. Der Golfprofi Tommy Armour sagt, man soll den Ball mit der rechten Hand schlagen. Ben Hogan meint, man müsse sich mit dem rechten Fuß abstoßen. Irgend ein anderer Pro wiederrum schwört, dass sich die linke Ferse nicht vom Boden lösen darf und am höchsten Punkt des Rückschwungs muss sich zwischen dem linkem Arm und der gedachten Linie zum Ziel ein Winkel von vierzehn Grad ergeben. Nicht dreizehn oder gar fünfzehn, nein exakte vierzehn Grad.
Und dabei habe ich noch kein Wort über die Knie verloren, über die offene oder geschlossene Stellung der Schlagfläche am höchsten Punkt des Rückschwungs, über die Passivität die rechten Körperhälfte und über die Fixierung des Balls mit dem linken Auge. Ich brauche wohl nicht extra darauf hinzuweisen, dass all diese Feinheiten von ausschlaggebender Bedeutung sein soll. Vor meinem geistigen Auge sehe ich meine Gliedmaßen zu Seemannsknoten vertäut und in mir steigt jetzt schon die Panik des Tormanns vor dem Elfmeter auf.
Der Fachmann hat´s sicher schon erkannt und ich geb´s auch gerne zu. Ich bin noch ein Anfänger, ein blutiger Hacker, der sein Handicap aus gutem Grund schamvoll verschweigt. Meine einzige Qualifikation einen Artikel wie diesen zu verbrechen ist die Begeisterung für diesen unmöglichen Sport. Sogar mit meinem Grad an Unerfahrenheit sind schon einige dieser scheinbar so mühelosen Schwünge gelungen, die süchtig machen. Es ist ein Gefühl der Versöhnung mit der Weite, die uns sonst klein und unscheinbar macht. Genau diese Relationen sind es auch, die diesen Sport so einzigartig machen. Man selbst ist riesig im Verhältnis zum Ball und winzig im Verhältnis zum Platz.
Im Moment bin ich aber noch weit weg davon und schlage einen zu kurzen Pull mit starker Tendenz zum Slice. Auch der nächste und übernächste Schwung ist alles andere als göttergleich und als ich den Ball endlich einputte, habe ich meinem schlechten Handicap wieder einmal alle Ehre gemacht. Am nächsten Par 3 versuche ich wieder jeden Gedanken, der nichts mit diesem Schwung zu tun hat, in die allerletzten Regionen meiner Gehirnrinde zu lenken.
Der korrekte Golfschwung ist ein Geflecht aus vielen kleinen Glaubenssätzen, deren jeder dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen scheint. Instinktiv sträubt sich alles in mir, die korrekte Position einzunehmen. Ich empfinde es als als unnatürlich, mich mit weichen Knien in einer leichten Hocke vor den Ball zu stellen, weil ich mich mit durchgestreckten Beinen stärker fühle. Den Schläger richtigerweise locker zu fassen widerstrebt dem Drang einfach nach unten zu dreschen und den Ball ins nächste Bundesland zu katapultieren. Mittels einer Videoaufzeichnung durfte ich mich schon für meine Haltung genieren. Ich stand da, als hätte ich die Hosen voll und ich schwang das Holz, als wäre ich mindestens fünfzig und ein dicker Bauch stünde mir im Weg.
Deswegen ist es irgendwie auch ein Vorteil, dass die hübschen Mädels in meiner Altersklasse lieber in der Sonne aalen, statt sich von einem kleinen weißen Ball frustrieren zu lassen. Andererseits brenne ich darauf endlich eines dieser wunderbar zweideutigen Golfer-komplimente loszulassen. „Gnä Frau, sie haben wirklich einen schönen Schwung!“, heißt es da charmant, während er ungeniert ihre stramme Oberweite fixiert. Die dermaßen Geschmeichelte weiß natürlich um die vaginale Ausrichtung seiner verbalen Aufmerksamkeiten. Schließlich hat sie mit dem Eisen 7 gerade den Rasen gepflügt und sich dabei fast den Arm gebrochen.
Dies soll aber keineswegs besagen, dass die Damen nur optisch eine Bereicherung für jeden Club wären. Im Gegenteil, sie betrieben diesen Sport oft mit mehr Feingefühl und Eleganz. Außer sie sind, was nur noch selten vorkommt, zwecks schlankem Fuß mit hochhackigen Schuhen unterwegs. Wenn die holde Weiblichkeit mit spitzem Absatz daheim den Parkett perforiert, lässt das den Durchschnittsgolfer eher kalt. Selbige Situation am Green, ruft hingegen meist einen starken Hang zur Gewalttätigkeit hervor.
Es gehört zu den tragischen Maximen von Golf, dass je mehr man sich bemüht, desto schlechter wird das Spiel. Die Schuld für meinen verbogenen Abschlag am zweiten Loch kann ich gerade noch dem Wind in die Schuhe schieben. Was er mit dem Ball anstellen kann, grenzt oft ans wunderbare. Dass ich für das Einputten drei Schläge brauche, dafür hab ich leider keine Ausreden parat. Ärger gepaart mit Frust brodelt tief in meiner Magengegend und ich habe Mühe ihn nicht hochkommen zu lassen. Von Erholung keine Spur - und überhaupt, kein Gesetz der Evolution fordert von uns die Fähigkeit, einen kleinen Ball mit der möglichst geringen Anzahl von Schlägen in ein Loch zu befördern. Was also mache ich hier?
Alle gutgemeinten Ratschläge helfen am dritten Abschlag wenig. Zu allen anderen negativen Gedanken hat sich noch eine Prise Selbstmitleid gesellt und im Moment will ich dem sch.... Ball einfach nur eines überbraten. Dementsprechend ist auch das Ergebnis. Ich fühle Golf als ein Leiden für das ich keine Zeugen brauche. Mein Spiel ist momentan so verletzlich und fragil, gerade noch von aufgesagten Mantras und sich immer wieder verflüchtigenden Visualisierungen zusammengehalten, dass der Druck eines einzigen auf mich gerichteten Augenpaars reicht, die ganze wackelige Konstruktion zusammenbrechen zu lassen. Was ich da im scheinbar unbeteiligtem Gesicht meines Golfpartners lese - ist das schadenfrohes Schweigen oder gar eine Spur von Mitleid?
Trotz alldem, einsam eine Runde zu ziehen ist ein steriles Vergnügen. Das gegenseitige Lob, die Anerkennung und die Aufmunterung nach schlechten Schwüngen ist das Salz, das die Golfgemeinschaft schmackhaft macht. Auch wenn mein Partner beim Golf nur vom Geschäft und beim Geschäft vom Golf redet. Die besten Runden gelingen mir allerdings beim Vierer. Und zwar immer dann, wenn mein Mitspieler ein Weltklassemann ist und die Gegner unter diversen körperlichen
Gebrechen leiden. Sandkörner unter den Kontaktlinsen ist mein Favorit, Rückenschmerzen, Athritis und Kater vom Vortag sind auch nicht schlecht. Auch psychologische Handicaps meiner Kontrahenten machen mich zum Supermann auf Softspikes. Leider trifft man gerade in einer Scheidungsschlacht stehende am Golfplatz nicht so oft, wie ich es mir zwecks positiver Motivation wünschen würde.
Der Punktegleichstand am vierten Loch beflügelt meinen Schwung beim nächsten Par 3. Mein erster Putt sitzt ebenfalls und mit dem zweiten wird souverän eingelocht. Gerade noch zu Tode betrübt und einige Schläge weiter im siebten Golfhimmel. Es gibt kein anderes Spiel bei dem die Emotionen dermaßen schnell umschlagen können. Golf ist eine Achterbahn der Gefühle, ein Trip durch die Höhen und tiefsten Niederungen des Geistes. Ich liebe dieses tranceähnliche Gefühl. Es ist als ginge jeder der folgenden Schläge wie von selbst. Am siebten Abschlag reißt der Faden ab. Es ist leider so. Auch positive Emotion ist fehl am Golfplatz. Ärger genauso wie Euphorie führen zu Konzentrationsverlust.
Seinen Adrenalinspiegel in Zaum zu halten und seine Gefühle zu kontrollieren ist sicher eine der wichtigsten Lektionen die man beim Golf für das Leben lernt. Eine andere ist das positive Denken. Genau dieses brache ich jetzt. Der Teich, der vorhin noch friedlich in der Sonne glitzerte, erscheint mir als sturmgepeitschte See, die meine armen, kleinen, unschuldigen, weißen Bälle verschlingen will. Diesen Kampf gegen das negative ICH zu gewinnen ist das Hauptziel jeden Anfängers und Profies. Ein „Hoffentlich schlage ich den Ball nicht in den Teich“ muss konsequent aus dem Kopf verbannt und durch ein “Ich werden mit einem lockeren Schlag bis zu Green kommen“ ersetzt werden.
Soweit die graue Theorie. Die Praxis kostet mich einen Ball und auch der zweite landet im Bunker. Bei Gott, ich hasse diese Sandlocher und ich hasse mein Sand-Wedge. Der schräge Standplatz gibt mir nicht die benötigte Sicherheit und wieder einmal denke ich mir, dass es sicher kein Zufall ist, dass GOLF rückwärts buchstabiert to flog, sprich prügeln ergibt. Genau das mache ich jetzt nämlich. Ich prügle wütend auf den Ball ein und treffe ihn doch nur mit der Gewalt eines Staubwedels. Mühsam hoppelt er immerhin bis auf den Rasen und tut dabei auch noch ganz unschuldig.
Das Ziel von Golf ist, einen Ball durch einen Schlag oder aufeinanderfolgende Schläge in Übereinstimmung mit den Regeln vom Abschlag ins Loch zu schlagen. Klingt doch kinderleicht. Es sei an dieser Stelle versichert, dass beim Golf gar nichts, aber auch wirklich gar nichts einfach ist. Die folgende Odysee meines Balles bis er endlich im siebten Hole verschwindet, verdeutlicht dies am Besten. Wie kompliziert erst ein Abschlag ist, verdeutlichen einige Zahlen. Im Treffmoment erreicht ein Golfschläger eine Geschwindigkeit von 160 Km/h und der Kontakt zwischen Ball und Schläger dauert nur 0,00045 Sekunden. Mit 200 Km/h saust die kleine Kugel, wobei sich durch Drehung und Unebenheiten ein Luftpolster bildet der ihn im Idealfall weit über 200 Meter befördert.
Diese Zahlen stimmen aber nur dann wenn richtig geschwungen wurde und der Ball tatsächlich am richtigen Punkt, dem Sweet Spot, getroffen wird, was in der Realität selten vorkommt. Was nützt mir das ganze ballistische, aerodynamische und anatomische Fachwissen aus diversen Fachmagazinen, wenn sich meine Bälle nicht danach richten. Oder doch! Schon das satte Took am achten Abschlag lässt Gutes erahnen. Der Ball zischt die Luft, steigt in einer Linie, so gerade wie mit dem Lineal gezogen, gen Himmel, steht einem Augenblick lang, wie in tiefster Meditation am höchsten Punkt der Flugbahn und senkt sich leicht wie eine Schneeflocke direkt auf´s Green das ich von dieser Position kaum einsehen kann. Wenn dieser eine Schwung in mir verborgen war, dann müssten da noch tausende Andere sein. Das Problem ist, sie aus mir herauszulassen.
Diesmal schlägt der Teufel beim Putten zu. Sobald ich den Blick auf den Ball fixiere, scheine ich zu vergessen, wo eben noch das Loch war. Bei einem Halbmeter-Putt hat man noch alles im Blick, den Ball, das Loch und die Puttlinie dazwischen. Wird die Distanz größer, so verschwindet das Loch aus dem Gesichtsfeld. Gerade die Putts von zwei Metern misslingen heute mit in brutaler
Regelmäßigkeit, weil ich unwillkürlich den Kopf hebe um mein Gesichtsfeld zu erweitern. So eine ....... Mist. Mit einem Schlag auf dem Grün und dann viermal putten müssen. Es liegt eine köstliche fast demokratisch zu nennende Komik darin, dass ein mächtiger Drive, der zweihundert Meter überwindet und ein winziger Putt von drei Zentimetern den gleichen Wert auf der Zählkarte haben.
Am neunten Loch geraten wir in einen von Zen-Buddhisten ausgelösten Konzentrationsstau. Aus der Ferne sieht ihre Gestik so aus, als wollten sie die Welt retten. Golfern wird nachgesagt, dass sie sich an der Landschaft erfreuen, aber eigentlich schnurrt die Natur zusammen, reduziert sich auf den feindseligen Flecken Gras direkt unter den Augen des Spielers der unermüdlich dorthin marschiert, wo er seinen Ball vermutet. Erst bei erzwungenen Ruhepausen nimmt man die Umgebung wahr. Golfplätze sind zwar in der Regel harmonisch in die Landschaft eingefügt, aber mit wirklicher Natur hat ein Fairway wenig zu tun. Am Green haben sich sogar Ameise und Co. weitgehend verkrümelt. Wenigstens am Wasserhinderniss geben sich die Frösche ungehindert der Kaulquappenproduktion hin.
Um mit meinem Partner gleichzuziehen müsste ich ein Hole in One schlagen. Der Drive wäre gar nicht so schlecht gewesen. Kaum aber bin ich der Überzeugung, nur noch einen Putt vom Einlochen entfern zu sein, schlage ich zu fest und verschenke dann auch noch einen eineinhalb Meter Rückputt. Meine geistige Einstellung zum Spiel lässt sehr zu wünschen übrig. Es geht mir gar nicht darum, meinen Golfpartner zu schlagen - na ja, ein wenig schon - , sondern darum mit meinen Macken fertigzuwerden, die die Schwünge verhauen. Beim Golf - und das ist eine bemerkenswerte Eigenschaft dieses Spieles - spielt man letztendlich gegen sich selbst. Wie es scheint, bin ich mir selbst ein sehr harter Gegner.
Ich hab auf Par gespielt. Ich hab am zehnten Loch nicht mehr als vier Schläge gebraucht. Am liebsten würde ich jetzt wie ein kleines Rumpelstilzchen rund ums Hole hüpfen und allen eine lange Nase zeigen. In einem Anfall von britischem Undertstatement entwischt mir aber nur ein kurzes „Nicht übel!“ und marschiere auch schon zum nächsten Abschlag.
Trotz der noch immer frühen Montagmorgenstunde ist der Platz schon recht bevölkert. Ähnlich wie vor zwei Jahrzehnten beim Tennis, denken die meisten Clubs immer mehr in die Breite in der das meiste Potential schlummert. Tatsächlich ist Golf leistbar geworden und ich als armer Redakteur bin das beste Beispiel dafür. Die Schläger halten ewig und kosten auch nicht viel mehr als eine Schiausrüstung. Die Greenfees sind ebenfalls mit der Liftkarte vergleichbar. Trotzdem finde ich es bedenklich, dass ich in den Hosentaschen nur noch vergessene Tees finde und nicht wie früher ab und zu einen Geldschein.
Im Großen und Ganzen kann man noch immer davon ausgehen, dass die meisten Männer und Frauen, die über Muße und die Mittel verfügen, sich ernsthaft dem Golfspiel zu widmen, in ihrem Leben eine Position erreicht haben, in der sie mehr oder weniger gut abgefedert sind. Die Gründe warum gerade die relativ gehobene Schicht genau diesen Sport oft bis zum Fanatismus ausübt, sind sicher vielfältig. Zum einem hat Golf nach wie vor den, wenn auch untergehenden Nymbus der Exklusivität. Welcher andere Sport bietet auch im Alter noch die Möglichkeit der Leistungssteigerung. Aber da ist noch etwas Anderes.
Der leitende Manager hört von seinen Untergebenen selten ein Wort offener Kritik, der Richter richtet über andere, nur nicht über sich selbst, die alternde Diva erhält von ihrem Hausmädchen und dem dritten Ehemann nur die guten Rezensionen vorgelegt. Deren ganze Welt hat sich verschworen, ihnen zu schmeicheln und nur das Golfspiel hält ihnen schonungslos den Spiegel vors Gesicht. Auf dem Golfplatz erfolgt jede Rückmeldung schlagartig und gnadenlos. Ein Putt, der noch so knapp am Loch entlangschrammt ist nicht eingelocht, ganz egal was wir auf unsere Zählkarte schreiben. Golf erzieht auch den Mächtigsten zur Demut und zwingt zur Auseinandersetzung mit seinen eigenen dunklen Seiten.
Meine persönliche Hochwetterlaune ist auch am zwölften Loch stabil. Mein Drive zischt ab wie eine Rakete und ich fühle mich fast wie Alan Shepard, der mit dem Eisen 6 zwei Bälle in der Fra Mauro-Region des Mondes abschlug. Es waren zwar nur zwei bescheidene Schwünge in astronautenanzugbedingter schlechter Haltung aber eine Sternstunde für alle Golfer. Mich würden die Gründe für diese Aktion interessieren. Hatte ihn die NASA aus Puplic-Relation-Gründen dazu angestiftet, um sich unter den golfspielenden Senatoren Einfluss sichern. Wahrscheinlich war es aber nur der ganz normale Golfwahnsinn, der ihn als leidenschaftlichen Golfer dazu bewogen hat, einen Ball kilometerweit zu schießen. Millionen Menschen konnten es hören was da in den tiefen des Alls vor sich ging. „Er fliegt und fliegt und fliegt!“. Alan Shepard schrie allen Golfern aus der Seele, die danach trachteten einen Ball in die Umlaufbahn zu schicken und wie Gott zu sein.
Der Fairway am dreizehnten Loch geht ums Eck. Das Ziel nicht vor Augen zu haben irritiert mich dermaßen, dass ich den Ball nur toppe. Vom Drall wie betrunken torkelt er ins Rough. Solch dummer Fehler passiert einem Profi zwar seltener, aber er passiert. Golf ist ein Spiel, das so gut wie nie darauf verzichtet, eine Runde, selbst wenn sie auf denkbar höchstem Niveau gespielt wird, mit ein oder zwei spektakulären Fehlschlägen zu würzen. In vielen Sportarten, zum
Beispiel Tennis, stellt sich die Überlegenheit eines Spielers rasch heraus und wird dann immer wieder nur bestätigt. Der unerschöpfliche Reiz von Golf als Wettkampfsport liegt im ausgeklügelten Vorgabesystem, das zumindest theoretisch jeden Spieler auf den gleiches Stand bringt. Sogar ein blutiger Hacker kann so für eine Weile zum Leitwolf werden. Diese Gefahr besteht momentan für mich nicht, denn nach dem sechsten Schlag hab ich zwar nicht zum Zählen aufgehört, aber es widerstrebt mir zutiefst, hier diese Zahl wiederzugeben.
Der Abschlag für das vierzehnte Loch liegt neben der Driving Ranch, an der sich die Frischlinge austoben. Einer wie der andere sehen sie aus, als ob sie geradewegs aus der Kleiderabteilung des Pro-Shops rausspaziert wären. Am buntesten treiben es die Hardcoregolfer. Gut zu beobachten ist dies in der Krimskrams-Abteilung, in der besonders die kitschigen Staubfänger reißenden Absatz finden. Mit der zunehmenden Beliebtheit dieses Sports ist zu befürchten, dass bald golfballbedruckte Bettwäsche und Pyjamas in den Regalen zu finden sein werden. Man braucht nur in den Salzburger Mozart-Shop schauen, um zu wissen, zu welchen Scheußlichkeiten die Souvenierindustrie fähig ist.
Am fünfzehnten Loch gelingen mir - oh Freude - ein recht weiter Putt. Ich bin wieder versöhnt mit mir und meiner Welt. Wäre das schön, wenn die Welt ein Golfplatz wär und das Leben ein Spiel. Selbst die größten Unwahrscheinlichkeiten, die winzigsten Details von Etikette und Ausrüstung sind im umfangreichen Regelwerk erfasst und unmissverständlich festgelegt. Was macht man, wenn sein Ball in einem Haufen Elefantenscheiße steckengeblieben ist, oder ein schlafender Löwe den Abschlagplatz besetzt. Ein Blick ins umfangreiche Regelwerk genügt, um alle Streitigkeiten zu beseitigen. Ein Seitensprung - bitte schön macht drei Strafschläge, Alkohol am Steuer nur einen.
Loch 16 und 17 sind wegen der Mittelmäßigkeit meines Spiels nicht der Erwähnung wert und wir nähern uns dem letzten Hole. Die Anzahl der Löcher die weltweit gespielt werden geht übrigens auf den „Royal and Ancient Golf Club of St Andrews“ zurück, der zu dieser Zeit witzigerweise 22 Löcher hatte. Weniger als 18 Löcher zu spielen würde in uns nicht den gleichen Widerhall, das fast schon religiöse Gefühl der Prüfung in uns erwecken. Es ist wesentlich, dass eine Runde Golf kein schnelles Vergnügen ist. Es ist vielweniger ein Spaziergang als eine gemeinsame Reise durch emotionale Tiefen und Höhen. In relativ kurzer Zeit lernt man so seinen Golfpartner, auch ohne viele Worte zu machen, recht gut kennen und meist auch schätzen. Spannungen habe ich auf dem Platz noch nie erlebt. Die mögen zum Teil auch durch die Golfetikette verhindert werden. Wir wagen nicht zu husten, wenn andere schwingen, wir beteiligen uns ohne zu murren an der aussichtslosen Suche nach einem verschollenen Ball. Vollführen akribatische Gleichgewichtsleistungen um ja nicht in jemandens Puttlinie zu treten. Unser Betragen auf dem Golfplatz ist wesentlich besser als irgendwo sonst. Wahrscheinlich deshalb, weil wir am Golfplatz einfach glücklicher sind.
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